Prolog
Bahnfahrt Hamburg - München

Die Uhr läuft. Seit Monaten bereits. Nach der vorherigen Radtour stellte ich den Countdown gleich auf den Beginn der letzten großen Ferien vor dem Abitur. Damals noch mit dem Nordkap als Ziel vor Augen. Heute weiß ich, dass es für mich dieses Jahr erst einmal nach Italien gehen soll. Das Nordkap hätte mich wahrscheinlich fast fünf Wochen Zeit gekostet. Da gewisse Beziehungen so lange Zeit nicht ungepflegt bleiben wollen, wurde diese Herausforderung in der Prioritätenliste wieder nach hinten geschoben.

Stattdessen wurde schnell eine grobe Route für Italien festgelegt: Ich wollte auf jeden Fall an einem Punkt beginnen, an dem ich letztes Jahr bei meiner ersten großen Tour schon einmal war. Und wenn man nach Italien fährt, dann muss man auch irgendwie über die Alpen. Grob waren es ein Pass, dann das Mittelmeer. Von der Mittelmeerküste beschloss ich dem bekanntesten Landstrich Italiens zu folgen – der Toskana. Und wenn man schon einmal in diesem Land ist, dann darf natürlich auch die Hauptstadt nicht fehlen. Nach Rom führt die Strecke dann wieder weit ins Landesinnere hinein, über den Apenninenhauptkamm mit weit über 2000 Metern. An der Adria sollte die Reise nach 1700 Kilometern und 15 Pässen ihr Ende finden.

Mittlerweile sitze ich auf gepackten Koffern. Vielmehr auf sechs bis oben hin vollgepackten Radtaschen. Die Ausrüstung wurde in den letzten Wochen immer wieder vervollständigt und verfeinert und lauert nun in den Taschen auf ihren Einsatz.

Als ich alles auf dem Rad befestigt habe, beschleicht mich das Gefühl wieder viel zu viel eingepackt zu haben. Dennoch weiß ich wie immer nicht, was ich zu Hause hätte lassen sollen. Zusätzlich schwer durch Zelt, Schlafsack und Kochzubehör, bringe ich das Rad mit meiner Freundin und den Eltern zum Bahnhof, um dort nach dem mir dieses mal sehr schwerfallenden Abschied in den Nachtzug nach München zu steigen.

Bevor ich einschlafen kann, quält mich bereits das erste Heimweh – ich kann mich dieses mal seltsamerweise gar nicht auf die Tour freuen. Schuld daran ist unter anderem auch die Ungewissheit, was aus meinen beiden schon seit Monaten schmerzenden Knien werden wird. Nachdem die belegten Brötchen aufgegessen sind und die Elbe überquert ist, versuche ich endlich einzuschlafen. Als mir endlich die Augen zugefallen sind, stürmt während des Aufenthaltes in Bremen eine Gruppe Besoffener laut grölend durch den Zug und steigt nach dem Durchlaufen etlicher Wagen wieder aus. Dann ist es ruhig. Auch die kleinen Kinder haben aufgehört zu schreien und ich wache erst am nächsten Morgen kurz vor dem Weckerklingeln auf.