Kurs Süden, Rom kann kommen
Capodimonte - Roma

Nach einem etwas improvisierten Frühstück, welches jedoch all das beinhaltet, was wir uns am Abend bei der Pensionsbesitzerin gewünscht hatten, machen wir uns auf den Weg um Rom zu erreichen.

Leider habe ich nach dem Aufbruch ein flaues Gefühl in der Magengegend. Fast so, als ob ich noch nichts gegessen habe – was man nach dem Frühstück eigentlich nicht direkt sagen kann. Vielleicht liegt es an der kalten Pizza, die wir bekamen und die mir jetzt schwer im Magen liegt. Wir machen Pause, da es mir nicht wirklich gut geht, und ich esse trockene Brötchen vom Vortag. Dabei beobachten wir Ameisen und sind wieder einmal erstaunt, wie die winzigen Tiere es schaffen selbst riesige heruntergefallene Krümel von meinem Brötchen sofort wegzutransportieren.

Als es mir wieder besser geht, kommen wir auf der fast flachen Straße bis Viterbo sehr gut voran. In der größeren Stadt bekomme ich endlich meinen Italien-Autoaufkleber für die Gepäcktaschen, nachdem ich an mehreren Tankstellen nach diesem frage. Nur einen Supermarkt finden wir in der Stadt nicht. Dafür einen Handyladen, in den Christian gleich verschwindet, da er für sein Telefon kein Guthaben mehr hat. Ich passe derweil auf die Räder auf und wundere mich nach zwanzig Minuten, wie lange es dauert ein bisschen Guthaben zu kaufen. Als Christian nach einer guten halben Stunde immer noch nicht wieder erscheint, gehe ich in den Laden um nachzusehen und treffe auf große Erleichterung von Seiten Christians sowie der Verkäuferin, die mich sofort mit „Ahhh...parla italiano, vero?“ anlächelt. Beinahe hätte man dem guten Handybesitzer einen neuen Vertrag angedreht, da Christian sich mit den nicht englischsprechenden Angestellten nur per Handzeichen verständigen konnte. Mit 25 Euro Guthaben verlassen wir kurze Zeit später den Laden, finden auch einen Supermarkt und suchen uns den Weg aus der Stadt heraus. Ein älterer Herr erklärt mir dabei die Route und ich freue mich später, dass ich ihn so gut verstanden habe (und er mich), dass wir seine Beschreibung nachfahren können, so dass wir auch tatsächlich die Stadt verlassen. Als er erfuhr, dass wir Deutsche sind, blieb es uns nicht erspart eine Anekdote seinerseits zum Zweiten Weltkrieg zu hören zu bekommen. Damals hatte er auf der Seite der Deutschen gekämpft.

Todmüde - Endlich Siesta

Die stetig und stark steigende Straße führt uns anschließend aus der Stadt heraus und über den letzten großen Höhenzug vor Rom. Die Luft ist heute unangenehm schwül und wie immer heiß. Auch die Sicht lässt heute leider sehr zu wünschen übrig. Der Schweiß läuft uns in Strömen das Gesicht runter und tropft auf den Lenker. Es ist unmöglich bei diesen Temperaturen weiterzufahren ohne sich umzubringen. Und so pausieren wir im Schatten auf einem herrlich ruhigen Privatweg, um einige Stunden später unsere Fahrt in die 850 Meter hohen Monti Cimini, die einen erloschenen Vulkan umgeben, fortzusetzen. Nach der schweißtreibenden Auffahrt, die wir uns dadurch vertreiben, dass wir versuchen uns an weltbewegende Ereignisse in den Jahren zu erinnern, die mein Tacho gerade bei dem Hochzählen zum 2000. Kilometer für mein neues Rad zeigt.

Nach dem Pass führt uns die Route an zahlreichen Feldern entlang, wo unter anderem riesige Wassermelonen angebaut werden. Leider zieht im Osten ein heftiges Gewitter auf und Christian verpackt sein Gepäck regenfest.

Um nach Rom zu gelangen, müssen wir heute noch über eine unangenehme Straße. In Richtung Großstadt führt nur eine vierspurige Nationalstraße. Was das bedeutet, ist klar: Stress pur! Außerdem sind wir uns gar nicht genau sicher, ob diese Straße überhaupt für Radfahrer zugelassen ist. Die sechs Kilometer Straße zu umgehen würde jedoch einen Umweg von mehr als 25 Kilometern für uns bedeuten. Wir gehen das Risiko ein und fahren die autobahnähnliche Straße auf dem Seitenstreifen. Während Christian noch hofft, dass wir hier hoffentlich keinen Platten bekommen werden, zähle ich die Kilometer bis zum 10.000 Radkilometer in den letzten 2 Jahren und verkünde die erreichte Grenze mit Freudenjubel.

10 000. Kilometer... ...auf der vierspurigen "Autobahn"

Ohne von einer Polizei angehalten zu werden und ohne irgendwo ein Verbotsschild gesehen zu haben, verlassen wir wenige Kilometer weiter die Straße und bedanken uns bei unseren Schutzengeln mit einem Stoßgebet. Nur noch ein kleiner Höhenzug steht uns vor einer langen Abfahrt im Weg, die direkt nach Prima Porta, dem äußersten Stadtteil Roms führt. Hier, auf der Suche nach dem Campingplatz, erleben wir auch gleich wieder den Alltag in der Großstadt. Vor uns ist eine Motorradfahrerin mit einem Auto kollidiert und liegt verletzt auf der Straße. Glücklicherweise bewegt sie aber noch die Augen und zehn Minuten später kommt uns auch schon der Krankenwagen entgegen.

Bis zum Campingplatz sind es noch einige Kilometer aus der Stadt heraus, die uns weit bis ins Niemandsland bringen. Als die Ausschilderung darauf schließen lässt, dass der Campingplatz direkt in der Nähe ist, geht es noch einmal mit 18% hinauf – daneben gleich das Schild „Happy Camping“. Über diese Ironie können wir heute nicht mehr lachen.

Nun haben wir endlich den Ruhetag vor uns, der eigentlich gar keiner werden wird, und wir nehmen uns zur Belohnung für die geschaffte Strecke eine Campinghütte. Da wir Glück haben, bekommen wir eine für vier Personen, bewohnen diese jedoch nur zu zweit und zahlen auch nur für zwei Personen. So ist es kein Problem die Räder auch am morgigen Tag, an dem wir Rom besichtigen wollen, hier sicher zu verwahren. Den Abend verbringen wir vor der Hütte sitzend und im Campingplatz-Restaurant speisend. Da man uns dort jedoch zehn Minuten lang gar nicht wahrnimmt, setzen wir uns demonstrativ an einen anderen Tisch, an dem bereits die Karten liegen. Die große und leckere Pizza mit hauchdünnem Teig entschädigt hinterher jedoch für einiges.